„Johanneum“ ist der Name eines etwa 110 Jahre alten Gebäudes, das etwas außerhalb von Dorf Tirol am Fuße der Mutspitze liegt.
Das Gebäude wurde 1911 als Waisenhaus für den Tiroler-Vorarlbergerischen Kapuzinerorden erbaut. Die Architekten Musch & Lun errichteten einen viergeschossigen Komplex mit barockisierenden und renaissancehaften Gestaltungselementen, dessen Türme und Kuppel weithin sichtbar sind.
Zwei Jahrzehnte nach seiner Errichtung zog das bischöfliche Knabenseminar Johanneum in das Gebäude ein, von dem es auch seinen Namen erhielt. Über sieben Jahrzehnte lang wurde die kirchliche Schule mitsamt Schülerheim geführt, doch der Wandel der Zeit führte zu immer weiter sinkenden Schülerzahlen, sodass um die Jahrtausendwende zuerst die hauseigene Schule und schließlich auch das Heim schließen mussten.
Seit über zwanzig Jahren befindet sich der Komplex nun im Leerstand, dem Verfall preisgegeben – obwohl die Kirche ihn schon vor fünfzehn Jahren verkaufte und es bereits mehrere Umbauprojekte gab, deren Realisierung allerdings an verschiedenen Punkten gescheitert ist.
Die vorliegende Arbeit ist der Versuch, diese Punkte zu identifizieren, sie zu bewerten und sie schließlich als Chance wahrzunehmen, dem Johanneum eine neue Zukunft zuzuschreiben. Eine Umgestaltung kommt nicht umhin, sich mit seiner besonderen Lage, seinem Wert als historisches, denkmalgeschütztes Gebäude und seinem ausdrucksstarken, symbolbehafteten Charakter auseinanderzusetzen.
Die von mir geplante Rehaeinrichtung für Kinder und Jugendliche mit psychischen Erkrankungen profitiert zum einen von der etwas abgeschiedenen, naturnahen Lage des Gebäudes und folgt seiner Nutzungshistorie als Haus für Kinder. Wie eingangs schon erwähnt, verlangt die neue Nutzung allerdings nach einigen Umgestaltungen, damit auch die Architektur des Bestandes an die Bedürfnisse von Kindern sowie an zeitgemäße Standards angepasst werden kann. Aus diesem Grund setzt sich die Arbeit auch mit der Frage des Denkmalschutzes auseinander und versucht, den Denkmalwert des Johanneum gezielt zu definieren, um so die geplanten Eingriffe in die Bausubstanz zu rechtfertigen.
Die Arbeit enthält zudem einen kurzen Exkurs in das Themengebiet der healing architecture, klärt über das bestehende Angebot an psychischer Betreuung in Südtirol auf und bietet einen Einblick in den allgemeinen psychischen Zustand von Kindern und Jugendlichen in unserer Gesellschaft, der sich spätestens seit der Corona-Pandemie auf drastische Weise bemerkbar macht.
Im letzten Kapitel der Arbeit wurde der Umnutzungsvorschlag in Plänen und Bildern erarbeitet. Mit architektonischen Mitteln wird versucht, auf die Eigenheiten des Johanneum einzugehen, gezielt auf sie zu reagieren und dem Gebäude trotz einiger Umgestaltungen den ihm gebührenden Respekt als historisches Denkmal entgegenzubringen.
So entsteht ein Entwurf, der sowohl die architektonischen und funktionalen Bedürfnisse einer Rehaeinrichtung für Kinder und Jugendliche erfüllt, als auch respektvoll und nachhaltig mit dem Bestand umgeht und es mit neuem, jungem Leben füllt.