Jedes errichtete Gebäude erreicht früher oder später das Ende seiner Nutzungsdauer und wird entweder für eine Umnutzung technisch saniert und umgebaut, oder abgerissen, um einem Neubau Platz zu machen. Während es viel Bemühungen seitens der Denkmalpflege, der Architektur und/oder von Bürger:inneninitiativen gibt, Gebäude, die vor dem zweiten Weltkrieg errichtet wurden, durch Sanierungen sowie durch Um- oder Erweiterungsbauten zu erhalten, werden Bauten der Nachkriegsmoderne – wenn nicht von namhaften Architekturbüros geplant – meist geringschätzig behandelt und oft durch Neubauten ersetzt. Dies hat zur Folge, dass jährlich Millionen Tonnen an Bau- und Abbruchabfall auf Mülldeponien landen und für Neubauten wertvolle Ressourcen verbraucht und CO2-Emissionen verursacht werden.
In Zeiten der Klimakrise und des zunehmenden Ressourcenmangels erscheint es sehr unklug, bereits bestehende Gebäude abzureißen und die darin gespeicherte graue Energie zu verschwenden, nur um an derselben Stelle unter hohem Energieaufwand wieder Neues aufzubauen. Es gilt daher, das Ansehen der sogenannten anonymen Architektur aus den 1960er- und 1970er-Jahren – also Gebäude, die nicht von namhaften Architekturbüros geplant und für alltägliche Funktionen wie Büro- und Verwaltungstätigkeit, Wohnen und/oder Dienstleistung errichtet wurden – zu verbessern und die Potentiale dieser Bauten zu erkennen.
Im Rahmen dieser Masterarbeit wird anhand eines konkreten Büro- und Laborgebäude in Graz, das 1969 errichtet wurde, versucht, diese Potentiale herauszufiltern und eine mögliche Strategie bzw. Methode für einen entwerferischen und planerischen Umgang mit diesen Nachkriegsbauten erarbeitet. Dabei wird zuerst die bestehende Struktur analysiert und im Hinblick auf deren mögliche Weiterverwendung bewertet. Aufbauend auf diesen Grundlagen werden baulich-räumliche Eingriffe vorgeschlagen, mit dem Versuch, die typologischen und baulichen Gegebenheiten des ausgewählten Gebäudes mit heutigen Wohn- und/oder Arbeitsbedürfnissen in Einklang zu bringen. Diese Konzepte sollen letztlich ein Bild für eine mögliche Zukunft zeichnen, in der bereits vorhandene Bausubstanz die Basis und gleichzeitig Inspirationsquelle für die Entwicklung von etwas Neuem darstellt.