Die feministischen Forderungen nach der Überwindung des Patriarchats, der Gleichstellung der Geschlechter und gleicher Möglichkeiten für alle, werden seit Jahrhunderten von mutigen Menschen in verschiedensten gesellschaftlichen Positionen und Professionen diskutiert.
Auch in der Architekturbranche ist es notwendig die Planungspraxis und ihren Einfluss auf die Raumverfügbarkeit und Raumkonfiguration zu hinterfragen. Denn Architektur besitzt eine Verfügungsgewalt über die gebaute Umwelt und bestimmt die physischen Grundbedingungen für die Aufenthaltsräume unserer Gesellschaft. In ihr haben sich die geschlechterspezifischen Machtverhältnisse patriarchalisch gesteuerter Politik, Ökonomie und Kultur über Jahrhunderte manifestiert, wodurch der Großteil der zur Verfügung stehenden Räume vorrangig auf die Bedürfnisse des zur Norm erhobenen Mannes* ausgerichtet sind.
Das Narrativ des Patriarchats, welches für lange Zeit den Wirkungsraum von Frauen* ins Private, Unsichtbare, drängte und dabei einerseits ihre Partizipation an der Gesellschaft einschränkte und andererseits ihre Care-Arbeit maximierte, ist nach wie vor wirksam. Es kann jedoch durchbrochen werden, indem explizit die Lebensrealität von Frauen* in der Planung von Architektur berücksichtigt wird. Dies erfordert einen Umbau bestehender baulicher und gesellschaftlicher Strukturen, der eine sicherere und leichter zugängliche, diversere Welt für alle Menschen zum Ziel hat.
Eine Verständigung auf feministische Grundbegriffe und die Verdeutlichung männlich* dominierter historischer bzw. sozialpolitischer Zusammenhänge und deren Auswirkungen auf die bis heute benachteiligte Lebensrealität von Frauen*, bilden die Basis dieser Arbeit. In der Folge wird die Wichtigkeit des Angebots frauen*spezifischer Gesundheits- und Gewaltschutzeinrichtungen verdeutlicht, und die ebenso von Benachteiligung geprägte Arbeitsrealität von Frauen* in der Architekturbranche besprochen.
Die gesellschaftskritische Forderung nach einem nachhaltigen Systemumbau, der eine Grundlage für gerechte Geschlechterverhältnisse forciert, wirft auch die Frage nach einem nachhaltigeren Umgang mit bestehender baulicher Substanz auf – als Ausgangspunkt für ein Aufbrechen und Umbauen patriarchalisch aufgeladener Struktur und das Nutzen ihrer eingeschriebenen örtlichen Qualitäten – in räumlicher wie sozialer Hinsicht. Anschließend an eine Auseinandersetzung mit der Umbauthematik bei Hermann Czech werden die vorangegangenen Überlegungen anhand der Adaptierung eines Bestandsgebäudes zu einem Haus für Frauen*, untersucht.
Das Aufzeigen einer Alternative zur monofunktionalen Wohnbautypologie, die Schutzraum, Gemeinschaftsraum und Austausch- bzw. Informationsraum für Frauen* sein kann, soll einen Beitrag zur Sichtbarmachung drängender feministischer Forderungen an die Architektur leisten.